Die Bedeutung der Friedhöfe
Friedhöfe sind nicht nur Orte der Trauer, des Abschiednehmens und des Gedenkens an die Verstorbenen. In ihrer gesamten Anlage und in der Gestaltung der einzelnen Grabstätten spiegelt sich zugleich Kultur und Geschichte derjenigen, die hier ihre Toten begraben.
Sie sollten daher nicht als “Endstationen” gesehen werden, die vom Leben unserer Gemeinde ausgeschlossen sind, sondern als Teil unserer Gemeinden und unseres Gemeinwesens.
In seinem Buch über historische Friedhöfe in Schleswig-Holstein hat Heiko K.L. Schulze ihre vielfältige Bedeutung treffend formuliert:
“Friedhöfe sind mit ihren Strukturen, Grabdenkmälern und Bauwerken auch historische Quellen ersten Ranges. Sie geben Auskunft über den Umgang mit Tod und Trauer, sind Zeugnisse einer sich stetig wandelnden Sozial- und Kulturgeschichte und mit ihren prachtvollen Grabmalen Beleg für künstlerisches Schaffen.”
Die Gestaltung der Friedhöfe ist Ausdruck des individuellen Verhältnisses zu den verstorbenen Angehörigen und des Verständnisses von Tod und Abschied.
Zur Geschichte der christlichen Bestattung
Für die Christen ist der Tod verbunden mit der frohen Botschaft der Auferstehung. Aus diesem Glauben heraus entwickelte sich ein besonderer Umgang mit den Toten, der sich von dem Unterschied, was bei den Römern und Germanen praktiziert wurde, die ihre Toten außerhalb ihrer Siedlungen beisetzten.
Die Christen setzten ihre Toten nach Möglichkeit in oder neben der Kirche bei. In der deutschen Sprache ist das Wort “Kirchhof” zu einem Synonym für “Friedhof” geworden. So gehören die Toten im weitesten Sinne zur sonntäglich versammelten Gottesdienstgemeinde dazu. Bei jedem Kirchgang wird man an die Sterblichkeit und an die Auferstehungshoffnung erinnert.
Bis in die Neuzeit hinein war es auch hier üblich, Verstorbene in den Kirchen beizusetzen. Zahlreiche Grabplatten und Epitaphien belegen bis heute, dass es lange Zeit Beisetzungen in den Kirchen gegeben hat. Im Mittelalter waren die Sterbenden Teil einer Gemeinschaft, in der Sterben und Tod alltäglich waren. Der Christ war Teil einer Gemeinschaft, die über den Tod hinausreichte. Für das Seelenheil der Verstorbenen wurde gebetet, die Begräbnisplätze in der Kirche galten als privilegiert.
Mit der Reformation veränderte sich die Bestattungstradition grundlegend. Ein neues Verständnis von Verkündigung schuf die Voraussetzung für die Trennung von Kirche als Ort des Totengedenkens und Friedhof als Ort der Bestattung. Es endete die “Seelsorge am Verstorbenen”. Nicht mehr der Tote, sondern der Hinterbliebene stand im Mittelpunkt.
In der Zeit nach der Aufklärung im 18. Jahrhundert führten das Wachstum der Bevölkerung, hygienische Überlegungen und eine zunehmende Tabuisierung des Umgangs mit dem Leichnam zu einer Verlagerung der Friedhöfe aus den Städten heraus.
Hier entstanden in der zweiten Hälfte des 18. und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts meist geometrisch gegliederte Friedhofsanlagen.
Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts beeinflussten die Strömungen, die sich in der Landschaftsgärtnerei durchgesetzt hatten, auch die Anlage von Friedhöfen, die nun parkartig gestaltet wurden. Nach dem Ersten Weltkrieg setzten sich z.T. wieder Bestrebungen durch, auf den Friedhöfen wieder einheitlichere und klarere Strukturen zu schaffen.
Gegenwärtig ist erneut ein dramatischer Wandel der Friedhofskultur im Gange, bedingt durch eine Zunahme von Feuerbestattungen und anonymen Beisetzungen.
Text mit freundlicher Genehmigung durch Christian Lopau, Stadtarchivar Mölln